
„Ich wollte das schlimme Wort Krebs nicht aussprechen.“
Sonja P., Teilnehmerin von „gemeinsam gesund werden“ in 2012.
Als Sie die Diagnose erhielten, haben Sie sofort mit Ihrer 10-jährigen Tochter darüber gesprochen?
Nein, ich habe ihr erzählt, dass es sich um eine harmlose Zyste handelt. Ich wollte das schlimme Wort Krebs nicht aussprechen, denn zwei ihrer Großeltern sind an Krebs gestorben. Sie sollte keine Angst haben müssen, dass ich auch an dieser Krankheit sterben könnte.
Wann haben Sie die Wahrheit gesagt, und wie hat Ihre Tochter reagiert?
Nach einem Gespräch mit einer Therapeutin habe ich mit meiner Tochter darüber gesprochen, warum ich wirklich diese schlimme Behandlung über mich ergehen lassen muss. Sie hatte dann genau die Fragen, die ich erwartet hatte: Werde ich an der Krankheit sterben? Kann sie diese Krankheit auch bekommen? Wie bekommt man überhaupt Krebs? Danach war meine Tochter sehr ängstlich, hat oft geweint, wollte am liebsten nie von meiner Seite weichen und hat mit niemandem über ihre Sorgen gesprochen.
Wie sind Sie auf unsere Stiftung aufmerksam geworden?
Bei der Krebsberatung Stade erfuhr ich von dem wunderbaren Projekt „gemeinsam gesund werden“ der Rexrodt von Fircks Stiftung. Da meine Tochter damals extrem reagierte, waren die Erwartungen an die Reha in Grömitz ziemlich hoch. Allerdings hat der Erfolg dieser Maßnahme meine Erwartungen weit übertroffen und ich bin noch heute von dem Ergebnis begeistert. Als wir in Grömitz abfuhren, hatte ich meine „alte“ Tochter wieder: ein lebenslustiges, fröhliches Kind.
„Allen lag daran, es der Familie so leicht wie möglich zu machen“
Die 14-jährige Alanis Hirner, Teilnehmerin von „gemeinsam gesund werden“ in 2013.
2023 machte sie in der Klinik Ostseedeich ein Praktikum als Erzieherin, weil ihr die Zeit so positiv in Erinnerung geblieben war.
Wie hast du dich gefühlt, als du erfahren hast, dass deine Mutter an Brustkrebs erkrankt ist? Wusstest du, was Krebs ist?
Ich war geschockt und hatte schreckliche Panik, weil meine Oma an Krebs gestorben war. Ich wusste also, was Krebs ist. Aber als mir dann erklärt wurde, dass die Krebsart von meiner Oma und der Brustkrebs meiner Mama nicht vergleichbar sind, ging es mir besser. Angst hatte ich aber trotzdem.
Wie seid ihr in der Familie damit umgegangen? Habt ihr offen gesprochen, oder war das zunächst ein Tabu-Thema?
Meine Mama und der Rest der Familie sind damit sehr offen umgegangen. Wir hatten ja leider schon die Erfahrung mit Krebs gemacht. Es war einfacher drüber zu reden, da wir so Sorgen und Ängste im Voraus klären konnten.
Was hat dir am meisten geholfen und wie hilfreich fandest du die Reha-Maßnahme „ggw“?
Für mich war es schön, andere Kinder kennenzulernen, die dasselbe durchgemacht hatten, wie ich. Man konnte sich in die anderen hineinversetzten und musste selbst nichts mehr erklären. Es tat gut, zu sehen, dass es meiner Mama geholfen hat, dort zu sein. Ich hatte immer Angst, sie allein zu lassen. Und in Grömitz war sie nicht allein. Allen lag daran, es der ganzen Familie so leicht und angenehm wie möglich zu machen.


„Meine Lebensqualität ist deutlich gestiegen.“
Christiane H. wurde 2014 gemeinsam mit ihrer 13-jährigen Tochter in der Kurmaßnahme „zusammen stark werden“ in Friedrichskoog behandelt
Warum haben Sie sich die Schwerpunktkur „zsw“ ausgesucht?
Ich hoffte, dass meine Tochter dort andere Kinder kennenlernt, die Gleiches erlebt haben, mit denen sie sich austauschen kann. Und genau so war es. „Zusammen stark werden“ ist eine wundervolle Maßnahme, um Kraft zu tanken. Die spezifischen Anwendungen in kleinen Gruppen, z.B. Aquafitness, Trommelzauber, Walking, Sport mit den Kindern haben wesentlich dazu beigetragen, sich zu stärken, aber auch um einfach mal wieder unbeschwert Spaß zu haben.
Gibt es etwas, das Sie eventuell bis heute begleitet?
Ich habe immer noch meine „Mappe“ mit meinen Erinnerungen und Plänen für die Zukunft von der Kur. Es lässt sich zwar nicht immer alles so durchführen, was man sich vorgenommen hat, aber eine große Portion Gelassenheit und Zuversicht lasse ich mir nicht mehr nehmen. Eine chinesische Weisheit sagt: „Du kannst nicht verhindern, dass die Vögel der Besorgnis Dir über den Kopf fliegen, aber du kannst verhindern, dass sie in deinem Kopf ein Nest bauen!“
„Dass andere Kinder Ähnliches erlebt hatten, nahm mir eine große Last von den Schultern.“
Julius M. war 15 Jahre alt als er 2007 „gemeinsam gesund werden“ erlebt hat. Bei diesem Interview war er 24 Jahre alt. Inzwischen arbeitet er als Psychoonkologe.
Was war damals das Schwierigste für Sie, in der Zeit als Ihre Mutter wegen Brustkrebs behandelt wurde?
Für mich war damals das Schwierigste, die Hilflosigkeit meiner Mutter erleben zu müssen und zu wissen, dass das keine kleine Grippe ist, die schnell vorbeigeht. Wir haben zwar sehr offen über alles gesprochen, aber das Thema Tod haben wir nur sehr selten angeschaut. Das war auch gut so.
Konnten Sie damals innerhalb der Familie offen über die Diagnose Ihrer Mutter sprechen?
Ja. Dadurch, dass meine Eltern beide Ärzte sind und meine Mutter im onkologischen Bereich arbeitet, war Krebs für uns kein Fremdwort. Wir haben das natürlich altersgerecht unterschiedlich aufbereitet, über Ängste und Prognosen gesprochen. Darüber, was in der Therapie passieren wird. Das hat mir und meinen Geschwistern sehr geholfen.
Gibt es neun Jahre später noch etwas, an das Sie sich bei „ggw“ erinnern können?
Was ich am stärksten in Erinnerung behalten habe, ist der Austausch mit den anderen Kindern. Wir hatten alle denselben Erlebnishorizont, waren alle aus einem bestimmten Grund in Grömitz. Darüber musste nicht ständig gesprochen werden, aber wir konnten, wenn wir wollten. Das wir mit unseren Erfahrungen nicht mehr alleine waren, sondern andere Kinder Ähnliches erlebt hatten, nahm mir damals eine große Last von den Schultern und brachte eine Normalität mit sich, die ich so noch nicht kannte.


„Mir war es sehr wichtig, dass auch mein Sohn mit eingebunden wird“
Rita R. über ihren Aufenthalt mit ihrem Sohn Noel-Lebhard, 10 Jahre, in der Schwerpunktkur „zsw“ im November 2015 in der Klinik Nordseedeich in Friedrichskoog.
Warum wollten Sie zur Kurmaßnahme „zsw“?
Meine Bedenken bezüglich anderer Maßnahmen waren, dass mein Kind quasi nebenherläuft und lediglich mit Nahrung, Schlafplatz, Aufbewahrung zufriedengestellt wird.
Als ich die Lebensgeschichte von Annette Rexrodt von Fircks las, dachte ich:
Wer könnte uns besser verstehen und wissen was wir brauchen? Ich konnte hier alles klären, was für mich wichtig war. Für meinen Sohn war der begleitete Austausch mit anderen Kindern unendlich wertvoll. Ich kann nur DANKE sagen.
Was hat Sie rückblickend am meisten beeindruckt?
Am meisten beeindruckt haben mich die psychologische Unterstützung und die Rückmeldungen, meinen Sohn betreffend. Ich erinnere mich an eine kleine Geschichte, die von der Psychologin vorgelesen wurde, während mein Sohn neben mir lag und zuhörte.
Ich konnte richtig spüren, wie seine Angst weniger wurde und der Zuversicht wich. Das war ein so schöner Moment, voller positiver Energie, den ich nie vergesse.
Wie haben Sie sich gefühlt als Sie in Friedrichskoog ankamen?
Ich hatte unendlich viele Fragen, z.B. „Wie geht es meinem Sohn wirklich? Wie spreche über den Krebs, ohne ihn zu nerven und Ängste auszulösen? Was ist mit meiner Angst vor einem Rückfall?“ In diesen drei Wochen hatte sich viel bei uns verändert. Ich selber fühlte mich reicher, belastbarer und gelassener. Das Zutrauen in meinen Sohn, dass er das Geschehene verarbeiten kann, wurde größer. Heute bin ich mir sicher: Er macht seinen Weg auch mit dieser Erfahrung.
Was haben Sie aus „zsw“ mitgenommen?
Mich begleitet bis heute, dass ich fröhlicher und ausgeglichener lebe. Ich habe eine noch bessere Beziehung zu meinem Sohn und praktiziere regelmäßig „Yoga Nidra“. Ich wende das Management für angstmachende Gedanken an und lebe mit mehr Zuversicht und Hoffnung.

„Ich habe eine neue Mitte gefunden“
Annegret M. nahm 2007 mit ihren drei Kindern am Programm „gemeinsam gesund werden“ teil.
Was hat Sie rückblickend an der Rehamaßnahme „ggw“ am meisten beeindruckt?
Am meisten beeindruckt hat mich damals, wie locker und flockig die Kinder auf der Schaukel oder auf dem Spielplatz über die Erkrankungen ihrer Mütter gesprochen haben. Wie sensibel und aufmerksam der offene Umgang durch die Psychologen begleitet wurde.
Wie ging es Ihnen und Ihren Kindern als Sie damals nach Grömitz kamen?
Auf den ersten Blick ging es uns eigentlich ganz gut. Alle Kinder, 7, 9 und 14 Jahre alt, wollten unbedingt mitkommen.
Allerdings war dann doch jedes Kind durch meine Diagnose auf seine altersentsprechende Weise traumatisiert. Meine Tochter hatte z.B. große Angst, dass sie selber krank wird, weil schon einige Frauen in unserer Familie Brustkrebs hatten. In Grömitz konnten wir diese Angst auffangen. Wir waren alle deutlich entspannter und fröhlicher, als wir nach den drei Wochen wieder abgereist sind.
Gibt es etwas, was Sie aus „ggw“ eventuell bis heute begleitet?
Ja, das gibt es tatsächlich. Jeder muss für sich nach so einer Erkrankung eine neue Mitte finden. Das heißt, man muss lernen, mit seinen Kräften neu zu haushalten und sich das zwischen drei Kindern und Job immer wieder bewusstmachen. Ich habe gelernt, mein reduziertes Kraftpotenzial anzunehmen und sorge für mehr Pausen und Entspannung.
Die Offenheit, über krebsbezogene Fragen und Ängste zu sprechen, ist in unserer Familie auch heute noch da. Meine Kinder und ich waren sehr dankbar, dass Frau Rexrodt von Fircks diese Maßnahme ins Leben gerufen hat.
